04.04.2025
Kündigung wegen Freiheitsstrafe? (2)
…nämlich im Kern auf die Länge der Haftstrafe. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtfertigt erst eine Haftstrafe von zwei Jahren und mehr eine personenbedingte Kündigung. Die Begründung ist einfach: Die höchstzulässige Dauer einer sachgrundlosen Befristung nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (§ 14 Abs. 2 Satz 1 HS 1 TzBfG) beträgt zwei Jahre. Für diesen Zeitraum ist es dem Arbeitgeber also durchaus zumutbar, die fehlende Arbeitsleistung des Häftlings mit einer befristeten Arbeitskraft zu überbrücken. Das BAG betrachtet also nicht, ob der Arbeitgeber tatsächlich eine befristete Kraft findet und/oder ob die Position überhaupt für eine Befristung geeignet ist.
Mit Blick auf die Presseberichte zum genannten Fall könnte eine personenbedingte Kündigung mindestens schwierig werden. Offenbar ist „nur“ eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ausgeurteilt worden. Rechtskraft dürfte sie auch noch nicht erlangt haben. Mit Blick auf eine verhaltensbedingte Kündigung sollte auf der Haben-Seite des Arbeitgebers stehen, dass der Mitarbeiter als Amtsleiter eine herausgehobene Stellung bekleidet und also solcher innerhalb der Verwaltung und auch in der Öffentlichkeit (Bürger, Unternehmen, Geschäftspartner) ein besonderes Vertrauen genießt, was durch die Art der Straftat mindestens empfindlich beeinträchtigt sein dürfte. Für eine verhaltensbedingte Kündigung ist aber eine relativ knappe gesetzliche Frist (§ 626 Abs. 2 Satz 1 BGB) vorgesehen.
𝗙𝗮𝘇𝗶𝘁:
Wenn ein Mitarbeiter zu einer bewährungslosen Freiheitsstrafe verurteilt wird, ist damit das Urteil über das Bestehen des Arbeitsverhältnisses noch lange nicht gefällt – nicht einmal im Fall von schwerwiegenden Straftaten. Die Rechtsprechung stärkt auch hier die Rechte der Arbeitnehmer.
Mit Blick auf eine gewisse Vorsorge vor bösen Überraschungen sollte die Anforderung eines Führungszeugnisses im Zuge der Personalauswahl obligatorisch sein. Bei Einstellungen im Öffentlichen Dienst handelt es sich dann um ein Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde (Belegart O), das neben den strafrechtlichen Verurteilungen auch Entscheidungen von Verwaltungsbehörden (z. B. Widerruf einer Gewerbeerlaubnis) enthält. Bisweilen können hier Bewerber u. U. schon ausgeschieden und spätere Probleme damit vermieden werden.
Ist der „Schaden“ einmal eingetreten, sind Arbeitgeber gut beraten, sich fachlich versierten Rat einzuholen. Gerade Sexualstraftaten bergen das Risiko, auch politische Fragen aufzuwerfen – insbesondere dann, wenn ein in der Öffentlichkeit „erwartetes“ Ergebnis nicht erreicht wird.
Letztlich werfen solche Fälle auch ganz profane Fragen auf: Wie und an wen stelle ich eine Kündigung zu? Wann läuft die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage ab bzw. bis wann muss noch mit einer Klage rechnen? Wie geht man mit einem Zeitraum zwischen Verurteilung und tatsächlichem Haftantritt um?
Nichts ist einfach.